Sprüche an Gebäuden – Ausdruck menschlicher Zivilisation

Noch heute finden sich an vielen Gebäuden und Bauwerken jahrtausendalte Schriften und Schriftzeichen. Sie sind die Relikte vergangener Kulturen und schlagen dennoch den Bogen zur modernen Zeit: Denn sie zeigen die Entwicklung und den Gebrauch von Schrift und Schriftzeichen von den Anfängen bis in unsere heutige Zeit.

Lateinische Inschrift in Gebäude

Inschrift am OLG Hamburg: “ jus est ars boni et aequi “ ( Das Recht ist das Handwerk des Billigen und Gerechten)

Der Weg von der menschlichen Sprache zum allgemeingültigen Schriftsystem war nicht leicht. Und vor allen Dingen war er nicht gerade kurz: Von den ältesten Höhlenmalereien, die als Vorform der Schrift gelten, bis zum ersten abstrakten Schriftsystem dauerte es mehrere Jahrtausende. Die ältesten Funde der Höhlenmalerei sind geschätzte 40 000 Jahre alt, die ersten Schriftsysteme sind mit knapp 4000 Jahren verhältnismäßig jung.

Organistationstalent – Die Ursprünge der Schrift

Auch wenn im Tierreich auf verschiedenen Wegen kommuniziert wird, gilt die menschliche Sprache – ob gesprochen oder geschrieben – als einzigartig. Bevor die Menschen schreiben lernten, konnten sie zuerst sprechen. Die Notwendigkeit, aus der gesprochenen Sprache auch eine geschriebene Sprache zu machen gab es noch nicht immer. Während unsere Vorfahren als Jäger und Sammler kaum auf Organisation und Handelsbeziehungen angewiesen waren, wurde es für die sesshaft gewordenen Menschen in Städten und Siedlungen immer wichtiger, gewisse Dinge verbindlich festzuhalten. Die Schriftsprache entstand also daraus, dass Handel und Leben immer umfangreicher wurden und eine mündliche Überlieferung nicht mehr ausreichte.

Symbole an Wänden – Gemeißelt und geritzt

So kam es, dass ab ca. 4 000 v. Chr. die Menschen begannen, Symbole in Stein, Ton und Holz zu kerben. Auf antiken Gefäßen, Scherben und vor allen Dingen an Wänden von Bauwerken finden sich noch heute eindrucksvolle Zeichen – so zum Beispiel die ägyptischen Hieroglyphen. Die ägyptischen Schriftzeichen gelten als bedeutende Vorform der Schrift. Hieroglyphen wurden eingesetzt, um Handel, Lagerbestand und Ereignisse zu dokumentieren, zusätzlich aus religiösen und rituellen Gründen.

Hieroglyphenschrift an ägyptischem Tempel

Hieroglyphenschrift an ägyptischem Tempel

Die Schriftzeichen wurden häufig in Ton, Gefäße oder die Wände der entsprechenden Gebäude gemeißelt oder geritzt. Papyrus oder Leder als Schriftträger, die dem heutigen Papier ähneln, waren selten verfügbar und somit häufig zu teuer.

Römisches Reich – Eindrucksvolle Inschriften

Neben Höhlenmalerei oder Hieroglyphen finden sich besonders an Bauwerken aus der Römerzeit (ab ca. 500 v. Chr.) häufig Texte und Inschriften. Die Inschriften an Gebäuden dienten in der römischen Antike der Dokumentation besonderer Ereignisse oder als Erinnerung an Verstorbene oder Menschen mit großen Verdiensten. Auch Gottheiten wurden mit den Inschriften verehrt. Auffällig dabei, dass die Inschriften an den Fassaden nicht nur ihren Inhalt vermitteln sollten, sondern dabei auch auffällig und kunstvoll gestaltet waren. So wurde die alleinige Vermittlung von Inhalten mit Kunst kombiniert. Buchstaben und Worte wurden eindrucksvoll in Szene gesetzt. Bis heute spielt die römische Majuskel (also die verwendeten Großbuchstaben) eine wichtige Rolle in der Typografie.

Ob in prähistorischen Höhlen, an ägyptischen Bauwerken oder späteren Monumenten: Schon immer wurden Wände als Träger für Schrift und Zeichen benutzt. Dies hatte, wie erwähnt, den Grund, dass andere Materialien zu teuer oder nicht verfügbar waren, andererseits boten die Wände eine weitere Eigenschaft: Was an der Wand geschrieben stand, war besonders haltbar und vor allen Dingen gut sichtbar.

Segenssprüche – Wandgestaltung aus dem Mittelalter

Auch heute noch sichtbar sind in gewissen Teilen Deutschlands die sogenannten Segenssprüche oder Haussegen, die sich an den Wänden von öffentlichen oder privaten Gebäuden finden. Sie haben ihren Ursprung in Form von Hausinschriften im Mittelalter (14. Jhd. n. Chr.) und dienten als Bitte um göttlichen Schutz für das Haus. Ursprünglich wurden die Sprüche entweder ins Holz von Fachwerkhäusern gekerbt oder mit Farbe geschrieben oder in den Stein von gemauerten Häusern gemeißelt. Die Segenssprüche fanden sich normalerweise über Türen oder am Giebel der Häuser und waren oft kunstvoll mit Ornamenten und Ranken verziert. Neben Segenssprüchen findet man an Fachwerkhäusern häufig auch ganz profane Sprüche.

Spruch an einem Fachwerkhaus

Spruch an einem Fachwerkhaus

Wer das Wohnzimmer der Großeltern vor Augen hat, erinnert sich vielleicht an ein ähnliches Phänomen: Auf Holztafeln oder in Form von gestickten Bildern gab es Haussegen in späteren Jahrhunderten auch im Innern des Hauses – nicht mehr nur als Segenswunsch, sondern auch als Wanddekoration in der Wohnung. Wie bereits die imposanten römischen Inschriften spielte also auch beim Haussegen die dekorative Optik eine Rolle.

Schrift als Phänomen – Kunst und Dekoration

Schrift hatte im Laufe der Jahrtausende nicht nur die Funktion erhalten, Inhalte zu vermitteln, sondern auch, durch ihr Äußeres auf sich aufmerksam zu machen. Diese Entwicklung führte in verschiedenen Kunstrichtungen wie dem Dadaismus sogar so weit, dass Schrift, Buchstaben und Text auch ohne tieferen Sinn oder Bedeutung zum Kunstwerk wurden.

Der dekorative Charakter von Text, Schrift und Sprüchen ist heute ins tägliche Leben integriert. Dabei finden sich Schriftzüge nicht mehr nur am Äußeren von Bauwerken, sondern auch im Privaten. Wohnungen und deren Wände werden immer häufiger durch Poster, Plakate oder Wandtattoos mit Sprüchen, Texten oder einzelnen Worten gestaltet.

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Wandtattoo: Gib jedem Tag die Chance der schönste deines Lebens zu werden. (Foto: http://www.wandtattoo.de)

Dank der modernen Beschriftungsformen wie dem Wandtattoo oder auch Leinwanddrucken ist die Anzahl der Sprüche und Schriften speziell im Innenbereich von Gebäuden stark verbreitet.

Graffiti: Teilweise eine anerkannte Kunstform an Gebäuden

Eine spezielle  – und ehemals nicht überall beliebte – Form der Schrift an Wänden stellt darüber hinaus dieses Phänomen dar. Kannte man früher Graffitis ausschließlich als Schmiererei an Gebäuden, so hat sich heute daraus eine eigene Kunstform entwickelt, bei der das Design der Wörter und Schriftzüge eine große Rolle spielt. Graffitis anerkannter Künstler wie z.B. Banksy erzielen bis zu sechsstellige Werte. Viele Städte stellen Graffiti-Künstlern Gebäudeflächen für Ihre Kunst und Graffiti-Sprüche zur Verfügung.

Moderne Graffiti Schriften

Moderne Graffiti Schriften

Nicht mehr wegzudenken – Schrift im Alltag

Besonders in Werbung und Kunst, aber beispielsweise auch in der Gestaltung von „banalen“ Straßenschildern, spielt heutzutage die Schrift eine wichtige Rolle. Angefangen bei der Schriftart bis hin zu Größe, Farbe, Anordnung, aber auch Inhalt und Sinn des Textes. Dabei reichen die Funktionen der Schrift von der Informationsvermittlung bis zur Dekoration.

Fest steht: Mehr als 3000 Jahre nach ihrer „Erfindung“ ist Schrift bzw. das Schriftsystem aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.